OLG Hamm: Kein Unternehmerstatus durch Betrieb einer privaten Photovoltaikanlage
- Rechtsanwalt Julian Schreiber
- 17. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Feb.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in seinem Urteil vom 11. November 2015 (Az.: 12 U 34/15) eine bedeutsame Entscheidung zur Abgrenzung zwischen Verbrauchern und Unternehmern getroffen. Es stellte klar, dass der Betreiber einer Photovoltaikanlage auf einem selbst bewohnten Privathaus nicht automatisch als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB gilt. Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen für Verbraucher, insbesondere im Hinblick auf Gewährleistungsrechte und die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen.
Sachverhalt

Der Kläger hatte die Beklagte mit der Sanierung seines Dachs und der Installation einer Photovoltaikanlage beauftragt. Nach Abschluss der Arbeiten stellte sich heraus, dass erhebliche Mängel an der Dachkonstruktion sowie an der Verkabelung der Photovoltaikanlage vorlagen. Der Kläger machte daraufhin Mängelbeseitigungsansprüche geltend. Die Beklagte verweigerte die Nachbesserung mit der Begründung, dass die Arbeiten mangelfrei seien.
Ein zentrales Streitpunkt war zudem die Frage, ob der Kläger als Unternehmer anzusehen sei. Die Beklagte argumentierte, dass durch den Betrieb der Photovoltaikanlage eine gewerbliche Tätigkeit vorliege und deshalb die allgemeinen Geschäftsbedingungen, einschließlich einer kurzen Rügefrist für Mängel, zur Anwendung kämen.
Das OLG Hamm entschied zugunsten des Klägers und stellte fest:
Keine Unternehmereigenschaft des Klägers: Das Gericht stellte klar, dass allein der Betrieb einer Photovoltaikanlage auf einem Privathaus nicht ausreicht, um den Eigentümer als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB einzustufen. Maßgeblich sei, dass der Kläger die Photovoltaikanlage nicht im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit, sondern lediglich zur privaten Stromerzeugung und Einspeisung ins Netz nutzte.
Kein wirksamer Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen: Da der Kläger als Verbraucher anzusehen war, konnten die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht wirksam einbezogen werden. Die in den AGB enthaltene kurze Frist zur Mängelrüge war daher unwirksam.
Anspruch auf Mängelbeseitigung und Vorschusszahlung: Das Gericht stellte fest, dass die ausgeführten Dacharbeiten erhebliche Mängel aufwiesen. Unter anderem waren die Trapezbleche des Dachs aufgrund unebener Sparren fehlerhaft montiert, was die Gefahr von Feuchtigkeitsschäden erhöhte. Zudem entsprach die verwendete Unterspannbahn nicht der vertraglich vereinbarten Qualität, und die Verkabelung der Photovoltaikanlage war unzureichend gesichert. Der Kläger erhielt einen Vorschuss in Höhe von 21.758,23 € für die Mängelbeseitigung zugesprochen.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil hat weitreichende Folgen für Verbraucher, die Photovoltaikanlagen auf ihren Wohnhäusern betreiben:
Stärkung der Verbraucherrechte: Betreiber von Photovoltaikanlagen auf privaten Wohnhäusern sind in der Regel Verbraucher und unterliegen somit den Schutzvorschriften des Verbraucherschutzrechts. Dies bedeutet insbesondere, dass sie sich nicht ohne Weiteres auf nachteilige Vertragsklauseln, wie kurze Mängelrügefristen, einlassen müssen.
Klare Abgrenzung zwischen unternehmerischer und privater Tätigkeit: Die Entscheidung verdeutlicht, dass nicht jede wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit – wie die Einspeisung von Solarstrom ins Netz – automatisch zur Unternehmereigenschaft führt. Ein planmäßiger Geschäftsbetrieb ist hierfür erforderlich.
Gewährleistungsrechte gegenüber Handwerksunternehmen: Verbraucher haben ein berechtigtes Interesse an einer mangelfreien Vertragserfüllung. Auch wenn Mängelbeseitigungen kostenintensiv sein können, darf der Unternehmer diese nicht mit dem Einwand der Unverhältnismäßigkeit verweigern, wenn der Verbraucher ein legitimes Interesse an der einwandfreien Nutzung seines Eigentums hat.
Fazit
Das Urteil des OLG Hamm stärkt die Rechte von Verbrauchern im Zusammenhang mit Bau- und Handwerkerleistungen. Es zeigt auf, dass Verbraucher ihre Gewährleistungsrechte auch dann in vollem Umfang geltend machen können, wenn sie eine Photovoltaikanlage betreiben. Die Entscheidung dient als wichtiger Präzedenzfall für ähnliche Streitigkeiten und verdeutlicht, dass Handwerksbetriebe nicht pauschal auf die Unternehmereigenschaft von Privatpersonen verweisen können, um Haftungsausschlüsse durchzusetzen.
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